Was ich hier an Textchen in die Welt hinauschiesse, verschiebe ich nach einiger Zeit (samt evt. Kommentaren, die natürlich sehr willkommen sind) in den Korb "Religion" oder "Philosophie".

der corona-Virus könnte uns auch mit ökonomischer vernunft anstecken...

                                                                                                                                                  1. April 2020

 

Eigentlich weiss man es spätestens seit Aristoteles (384-323 v.Chr.) und eigentlich ist es auch völlig evident: in einer endlichen Natur ist eine Wirtschaft, die – durch das Geld angetrieben – ins Unendliche wächst, widernatürlich und damit auf die Länge auch in keiner Weise praktikabel (vgl. Politik I 8-12, 1256a1-1259a37).

 

Nur eben: Aristoteles ist zu Beginn der Neuzeit in Ungnade gefallen und galt bald einmal als realitätsferner Ideologe, dessen obskurantistische Theorien höchstens für unterbelichtete Pfaffen von Bedeutung sein konnten. Grosstheorien wurden daher vom 17. Jhd. an nur noch möglichst unabhängig von Aristoteles, ja am besten gleich gegen ihn entworfen: so in der Naturwissenschaft (Galilei), in der Philosophie (Descartes, Kant), in der politischen Theorie (Rousseau) und eben auch in der Ökonomie. Diese wurde mit Adam Smith von ihrer Bindung an die Natur befreit und der vermeintlichen Selbstregulierung des freien Marktes überlassen.

 

Daraus ergab sich dann, angetrieben durch die technischen Anwendungen der modernen Naturwissenschaft, schon im 19.Jhd, besonders aber nach dem 2. Weltkrieg, genau jenes unabsehbare Wirtschaftswachstum, vor dem Aristoteles gewarnt hatte. Dieses passte freilich so gut zum neuzeitlichen Fortschrittglauben, dass Wachstum bald einmal zum selbstverständlichen und unhinterfragten Kennzeichen einer jeden gesunden Wirtschaft wurde. Wirtschaftswachstum scheint denn auch seit Jahrzehnten „alternativlos“ – zumal auch, und das ist speziell paradox – wenn es darum geht, die ökologischen und sozialen Folgeschäden eben dieses Wirtschaftswachstums in den Griff zu bekommen. Dieses Mantra wird nunmehr seit Jahren nicht nur in der Politik (und zwar auch bei den Linken, den Grünen und überhaupt allen Netten), sondern von quasi allen Wirtschaftswissenschaftler unermüdlich, andächtig und beschwörend durchgebetet.

 

Nun hat etwas so simples wie ein Virus in wenigen Wochen die angeblich so überaus gesund wachsende Weltwirtschaft auf eine Talfahrt gezwungen hat, deren Ende noch nicht abzusehen ist. Sicher ist nur, dass deren soziale Folgen zunächst einmal ohne Zweifel katastrophal sein werden. Zugleich aber sollte man auch beachten, dass nun erstmals seit 250 Jahren die längst notwendige ökologische Wende plötzlich eine reale Chance bekommen könnte.

 

Deswegen wäre es vielleicht keine allzu schlechte Idee, nun endlich die wenigen Ökonomen zur Kenntnis zu nehmen, die bisher ihr Knie vor den Wachstums-Götzen noch nie gebeugt hatten. Bei ihnen liesse sich nämlich nachlesen, wie der bevorstehende ökonomische Absturz sozial abgefedert und anschliessend in einen sozial- und umweltverträglichen Dauerzustand überführt werden kann. (Die allermeisten Ökonomen hingegen sind im Moment kaum lesenswert: es sind blauäugig-zweckoptimistische Wachstumsideologen, die momentan eh nur darüber schwadronieren, dass die abgestürzte Wirtschaft möglichst bald wieder mit staatlicher Entwicklungshilfe hochgefahren werden müsse - damit sie uns in den nächsten paar Jahren umso sicherer den finalen ökologischen Kollaps bescheren könne.)

 

Einer dieser lesenswerten Autoren ist Niko Paech. Er hat seine wachstumskritische Position schon vor Jahren in einem knappen und brillant geschriebenen Büchlein zusammengefasst, das auf 155 Seiten das bisherige Unheil und einen möglichen Ausweg daraus skizziert. Der Autor selbst fasst in der Einleitung sein Buch in drei Thesen zusammen (10f):

 

Erstens: Unser ohne Wachstum nicht zu stabilisierender Wohlstand ist das Resultat einer umfassenden ökologischen Plünderung. Versuche, die vielen materiellen Errungenschaften einer Abfolge von Effizienzfortschritten oder anderweitiger menschlicher Schaffenskraft zuzuschreiben, beruhen auf einer Selbsttäuschung. Dies soll anhand dreier Entgrenzungsvorgänge dargestellt werden, die für das moderne
Dasein prägend sind. Demnach leben die Menschen in modernen Konsumgesellschaften auf dreifache Weise über ihre Verhältnisse; sie eignen sich Dinge an, die in keinem Verhältnis zu ihrer eigenen Leistungsfähigkeit stehen. Sie entgrenzen ihren Bedarf erstens von den gegenwärtigen Möglichkeiten, zweitens von den eigenen körperlichen Fähigkeiten und drittens von den lokal oder regional vorhandenen Ressourcen (Kapitel I—III).

 

 

 

Hier wird auf 50 Seiten mit Hilfe zahlloser Beispiele anschaulich gezeigt, auf wieviel Ausbeutung ferner Gegenden und künftiger Generationen unser angenehmes Leben gründet und zugleich, wie verletzlich und hilflos es uns gemacht hat (was seit 3 Wochen allen klar geworden ist…).

 

 

 

Zweitens: Jegliche Anstrengungen, wirtschaftliches Wachstum durch technische Innovationen von ökologischen Schäden zu entkoppeln, sind bestenfalls zum Scheitern verurteilt. In allen anderen Fällen kommt es sogar zu einer Verschlimm-
besserung der Umweltsituation (Kapitel IV).

 

 

 

Hier wird wiederum an vielen durchgerechneten Beispielen auf deprimierend klare Weise gezeigt, wie absurd es ist, nach „grüner“ Manier die Umwelt ohne Rückbau unseres Luxuskonsums, d.h. ohne Umwälzung unseres Lebensstils, rein technologisch retten zu wollen (mit Elektromobilität, Ökostrom oder Minergie-Labels). Dadurch werden Probleme nur vertagt und verschärft.

 

 

 

Drittens: Das Alternativprogramm einer Postwachstumsökonomie würde zwar auf eine drastische Reduktion der industriellen Produktion hinauslaufen, aber erstens die ökonomische Stabilität der Versorgung (Resilienz) stärken und zweitens keine Verzichtsleistung darstellen, sondern sogar die Aussicht auf mehr Glück eröffnen (Kapitel VI).

 

 

 

Paechs Vorstellung der künftigen, nachhaltigen, weil nicht mehr wachsenden Wirtschaftsorganisation ist der einzige nicht allzu deprimierende Teil des Buches. Hier wird nämlich klar, dass es – gerade auch angesichts der massiven Arbeitslosigkeit und der zahlreichen KMU-Konkurse, die in den kommenden Monaten auf uns einstürzen werden – Lösungen gäbe, freilich nicht ohne einschneidende Revolutionierungen unseres Alltags. Paech fasst seine Vision am Schluss tabellarisch zusammen.

 

Wer das Büchlein nicht bestellen kann oder nicht lesen mag, findet das meiste auch elektronisch in zahlreichen Vorträgen und kleineren Texten des Autors, die alle schön zusammengestellt sind auf: https://de.wikipedia.org/wiki/Niko_Paech

 

Schwangerschaftsabbruch als Auftragsmord?

Ich habe 20 Jahre lang Rhetorik unterrichtet. Also habe ich gewiss nichts gegen rhetorische Figuren. Auch nichts gegen die grob übertreibende Hyperbel. Schliesslich war das die Lieblingsfigur Jesu, der Trauernde, Verfolgte und Hilflose glücklich pries und Kamele durch Nadelöhre kriechen liess.

 

Rhetorische Figuren sind äusserst geistreiche Mittel, um einem Inhalt mehr Profil und Griffigkeit zu verleihen. Problematisch werden diese Mittel allerdings, wenn, man sie zu einem Inhalt macht. Wenn sie nicht mehr einer Idee mehr Durchschlagskraft verleihen, sondern diese unvermittelt ersetzen.

 

Genau das passiert, wenn Papst Franziskus den Schwangerschaftsabbruch als Auftragsmord definiert. Die Behauptung ist so grotesk, dass man sie eigentlich am besten überhören sollte (es geht ja um ein biologisches Teilsystem, das sich im günstigsten Fall 2 Jahre später allmählich aufmachen wird, zu einen bewussten und freien Menschen zu werden.) Nur kann man die rhetorische Entgleisung eines Papstes nicht wirklich ignorieren: sie zeigt nämlich, dass die allgemeine geistige Verwirrung, in der Mittel zu Zwecken werden und Formen zu Inhalten, bereits die höchsten Ebenen der Kirchenführung erreicht haben. Und das ist ziemlich erschreckend.

 

N.B.: Der abgegriffenen Metapher vom Leben als Geschenk Gottes, mit der die zusammenfassenden Journalisten so bedenkenlos hantieren, ist der Papst freilich wohlweislich ausgewichen - immerhin ein kleiner Trost. In Stellungsnahmen gegen Schwangerschaftsabbruch oder Euthanasie kommt diese Metapher nämlich regelmässig vor, obwohl sie dort ziemlich fehl am Platz ist: Wenn jedes Leben „ein Geschenk Gottes ist“, dann folgt doch daraus, dass der oder die Beschenkte damit nach seinem/ihrem Gusto verfahren darf, denn wer etwas beschenkt bekommt, erhält mit dem Gegenstand auch die freie Verfügungsgewalt darüber.

 

 

 

 

Der „Schweizerpsalm“ – ein heimliches Klagelied…

 

Die Schweizerische Nationalhymne kann man - egal zu welchem Text - eigentlich nur dann ohne Beklemmung singen, wenn man nichts von ihrer Entstehung weiss. Die Musik ist nämlich das Werk eines Flüchtlings, der eben seine gesamte Lebensgrundlage verloren hatte und ohne jede Perspektive in einem vorläufigen Durchgangsheim Aufnahme gefunden hatte.

 

In der Tat - der Komponist des Schweizerpsalms, Johann Joseph Maria Zwyssig, 1808 im urnerischen Bauen geboren, war schon als Kind in die Klosterschule des Zisterzienserklosters Wettingen gekommen, war mit 18 Jahren als Bruder Alberich dem Zisterzienserorden beigetreten und amtete von 1832 an als Stiftskapellmeister, wo er gleich ein umfangreiches kirchenmusikalisches Werk zu schaffen begann. Bis zu jenem 13. Januar 1841.

 

An diesem Tag verfügte nämlich der aargauische Grosse Rat die Schliessung aller Klöster auf dem Kantonsgebiet. Der hochgebildete Seminardirektor und Pädagoge Augustin Keller hatte seine liberalen (!) Ratskollegen von der Alternativlosigkeit dieser Massnahme überzeugt („Stellen Sie einen Mönch in die grünsten Auen des Paradieses und, soweit sein Schatten fällt, versengt er das Leben, wächst kein Gras mehr. Mit Müssiggang und Intrigen haben die Klöster begonnen, mit Müssiggang und Intrigen werden sie enden. Im Morgenland und Abendland haben sie nur öde Steppen der Barbarei und Unkultur hinterlassen…“).

 

Die Insassen der Männerklöster Muri, Wettingen, Baden und Bremgarten, sowie der Frauenklöster Fahr, Hermetschwil, Gnadenthal und Baden bekamen gnädigerweise 14 Tage Zeit, um ihren privaten Plunder zu packen (den Besitz der Klöster wollte man natürlich versilbern). Sie wurden dann am 27. Januar bei klirrender Kälte mit militärischer Gewalt (über die Kantonsgrenze) ausgeschafft.

 

Unter diesen Vertriebenen befand sich auch P. Alberich Zwyssig. Er fand zunächst auf dem Hof seines Bruders bei Zug vorübergehend Unterschlupf. Und dort erreichte ihn im Frühling 1841 aus Zürich die erstaunliche Bitte, ein Gedicht zu vertonen, das Leonhard Widmer, ein gebildeter und musikbegeisterter Lithograph und Verleger, eben geschrieben hatte. Erstaunlich war diese Bitte, weil Widmer ein Zürcher Radikaler war, der die Aufhebung der Klöster unterstützte.

 

Noch erstaunlicher ist freilich, dass Zwyssig der Bitte entsprach und den Text vertonte, obwohl der schwülstige und romantische Pantheismus, den wir heute kaum mehr ertragen, schwerlich dem Weltbild eines Zisterziensermönchs entsprochen haben kann und zudem Ausdruck genau jener Ideologie war, die ihm eben gerade seine Lebensgrundlage entzogen hatte.

 

Aber vielleicht hat Zwyssig geahnt, dass „Gott, der Herr im hehren Vaterland“ für ihn endgültig zur Vergangenheit gehörte und er sein Leben fortan in der Fremde (ab 1847 in Wurmsbach und 1854 kurz vor seinem Tod in der Abtei Mehrerau bei Bregenz) würde fristen müssen.

 

So gelesen, als klagendes Abschiedslied eines Flüchtlings an seine Heimat, ist der Text vielleicht heute noch erträglich. Und leider auch noch aktuell…

(Ein ähnlicher, nur wenig älterer Text wäre Alessandro Manzonis berühmtes „Addio monti sorgenti dall‘acque“ aus dem 8. Kapitel der „Promessi Sposi“ – und auch er tönt heute ein Bisschen falsch…)

 

 

Ökumene? Von wegen….

 

 

Man weiss es: „Traduttore  traditore“  - Übersetzer sind Verräter. Deswegen ist angesichts von Übersetzungen ein gesundes Misstrauen immer angebracht. Aber besonders misstrauisch sollte man sein, wenn in einer Übersetzung plötzlich gewisse Wörter nicht übersetzt werden, denn das geschieht immer mit einer bestimmten Absicht.

 

 

Misstrauisch sollte man also z.B. sein, wenn in einem deutschen Qoran oder in einem andern islamischen Text von Allah die Rede ist. Allah ist ja das arabische Wort für „Gott“. Wer daher in einer deutschen Übersetzung just dieses eine arabische Wort nicht übersetzt, vermittelt diskret aber sehr effizient eine klare Botschaft: der Gott der Muslime ist natürlich nicht etwa „unser“ Gott, der Gott der Bibel oder der Philosophie, sondern eine arabische Stammesgottheit, womöglich gar ein brutaler Wüstendämon, das zeigt ja schon sein exotischer Eigennamen. Und dann ist sofort klar: ein solches Wesen gehört ebenso wenig zu Europa, wie der Islam selbst…

 

 

Ein ganz ähnlicher Nichtübersetzungstrick findet sich im Glaubensbekenntnis, das wir Katholiken seit Jahrhunderten jeden Sonntag beten. Dort wird das griechische Wort καθολικός/katholikos = allgemein, allgemein gültig, weltweit nicht übersetzt, sondern einfach als (lateinisches, deutsches, französisches, italienisches…) Lehnwort stehen gelassen. Die Folge ist klar: wenn Katholiken ihren Glauben „an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“ (bzw. an „die heilige katholische Kirche“) bekennen, dann stellen sie sich dabei spontan die römisch-katholische Kirche vor und nicht etwa die weltumspannende Glaubensgemeinschaft der Christen, die in der griechischen Urfassung der Glaubensbekenntnistexte natürlich gemeint war. Gewiss, man mag ihnen dann von Zeit zu Zeit in Vorträgen oder in Kursen zwischendurch dieses konfessionalistische Verständnis von Katholizität ein bisschen auszureden versuchen, aber damit kommt man selbstverständlich immer zu spät, soviel ist klar - spätestens seit man (dank der linguistischen Theorie des „Framings“) weiss, was konkrete Formulierungen alles bewirken können. Das heisst: Seit Jahrhunderten wird den römisch-katholischen BeternInnen Sonntag für Sonntag ex opere operato , durch das bloss Sprechen einer Bekenntnisformel, immer wieder klar gemacht, dass ihre eigene Kirche die eine wahre, heilige und gottgewollte ist und dass infolgedessen alle andern christlichen Gruppierungen nur sündhafte Abspaltungen sein können, deren Rettung nur in der reumütigen Rückkehr zur römischen Mutter liegt.

 

 

So zementiert ein kleiner Übersetzungstrick eine ganze Theorie der Ökumene, der gegenüber alle ökumenischen Bemühungen, Dialoge, Arbeitsgruppen und Verlautbarungen als potemkisches Theater erscheinen.

 

Daran wird auch ein telegener Papst nichts ändern, der für satte 2 Mio. Franken nach Genf kommt, um die Einheit der Kirchen in wohldosierten Floskeln („zusammen gehen, beten und arbeiten“) zu beschwören (zumal wenn dieser Papst keine zwei Wochen zuvor ein weissgott zögerliches deutsches Papier zur Interkommunion abgeknallt hatte…).

 

 

Kurz und gut: wenn es die katholische Kirche mit der Einheit der Christen tatsächlich ernst meint, wäre der erste Schritt, den sie machen müsste, ein ganz kleiner, unscheinbarer und leider nicht sehr telegener. Er bestünde darin, endlich das Glaubensbekenntnis vollständig einzudeutschen…

 

Soumises à la tentation, les églises succombent

 

 

 

Depuis Pâques 2018, beaucoup d’églises chrétiennes francophones ont adopté une nouvelle formule du Notre Père. Je crains fort qu’ainsi elles fassent fausse route. Pourquoi?

 

A la manière laconique et précise dont il a le secret, l’abbé Félicien Roux (Nendaz/VS) résume ainsi la situation:

 

A partir du dimanche 1er avril 2018, nous dirons désormais dans la prière du Notre Père: « ne nous laisse pas entrer en tentation» au lieu de « ne nous soumets pas ä la tentation».

 

Trois petits mots changent, alors la perspective est inversée.

 

C'est moi qui chute, ce n’est pas Dieu le Père qui me jette dans la tentation pour voir ensuite comment je suis tombé. Bien entendu, un père ne soumet pas ses enfants à la chute, un père est là pour les aider à se relever tout en disant que celui qui conduit à la tentation, c’est le tentateur, le diable. Ainsi, je demande au Seigneur « de ne pas me laisser tomber ». (…)                                                                (L’essentiel mars 2018).

 

 

 

Or je pense que cette nouvelle formule est déplorable, et cela sous trois aspects.

 

 

 

1) Aspect philologique

 

Bien évidemment toute traduction est toujours nécessairement une trahison, mais il existe néanmoins des traductions qui restituent de manière acceptable l’original et d’autres qui de le font pas. La nouvelle formule du Notre Père fait malheureusement partie de ces dernières. Sa visée est évidente: il s’agit de réduire l’activité divine quant au mal, parce que l’on pense que, loin de nous l’imposer, Dieu est censé tout au plus nous l’éviter.

 

Or, ce n’est malheureusement pas du tout ce que dit le texte grec, bien au contraire: μή είσενέγκης ήμας είς πειρασμόν (me eisenegkes hemas eis peirasmon) ne peut être traduit que d’une seule manière, à savoir par «ne nous conduis pas, ne nous guide pas, ne nous fais pas entrer dans la tentation». Que cela nous plaise ou non, l’idée que c’est bien Dieu qui – activement - peut, si telle est sa volonté, nous faire entrer en tentation (ce qu’il est prié de ne pas faire en l’occurrence) me paraît inévitable, à moins de manipuler le texte que l’on prétend traduire.

 

La tentative de traduire la négation du verbe «faire entrer» non pas par «ne nous fais pas entrer», mais par «fais que nous n’entrions pas» me paraît parfaitement saugrenue, même si l’on a trouvé un éminent professeur qui veuille bien la défendre sur le dépliant officiel célébrant l’introduction de la nouvelle formule… De même, la tentative d’obtenir ce sens grâce à un détour par la retraduction hébraïque de la phrase en question est une ruse, qui a certes l’avantage d’épater la galerie, mais qui ne change strictement rien au sens obvie du texte grec ou hébreux.. (Dans la retraduction communément acceptée ואל תביאנו לידי נסיון  la forme verbale תביאנו est un causatif [Hifil: «tu nous fais entrer»], or une cause est par définition active….)

 

Tout au plus, si l’on avait voulu à tout prix améliorer la traduction en usage jusqu’ici, aurait-on pu substituer non pas le verbe, mais le nom: en effet, «tentation» prend aujourd’hui fréquemment un sens plutôt anodin, qui n’est pas du tout adapté au contexte du Notre Père – on est tenté par une crème au chocolat, par un foulard de soie, par le dernier modèle de BMW… Or, il existe en français un équivalent précis du grec πειρασμόν (peirasmon), c’est l’épreuve. «Ne nous soumets pas à l’épreuve» aurait donc été une traduction précise qui par là même rendait très bien l’idée du texte grec: Dieu est imploré ici, de ne pas nous mettre à l’épreuve, comme dans toute la Bible il le fait fréquemment avec les hommes. Qu’il fasse cela d’abord ou uniquement afin de se délecter de leur chute est une interprétation malveillante qui ne s’impose guère (bien qu’elle soit évidemment pensable). Normalement, le Dieu biblique éprouve l’homme, afin de l’affiner tel un orfèvre (Job 23,10; Ps 66,10-12; Prov 17,3; Is 48,10; Ez 22,17-22; Sa 13,8s; Mal 3,2s; Sir 2,5) ou de briser son entêtement, tel un pédagogue (Gen 22,1; Jug 3,1-4 etc.). De toute manière, l’épreuve est une image qui apparaît fréquemment dans la tradition biblique lorsqu’il s’agit de donner un sens au mal (à la souffrance, à la maladie, aux catastrophes dites naturelles, à la violence ou l’injustice subie par l’innocent, au péché et à la mort). Une traduction fausse ne pourra ni oblitérer cette pauvre image ni surtout éliminer le mal réel que timidement elle tente d’interpréter.

 

 

 

2) Aspect théologique

 

Je pense donc que la nouvelle traduction est fausse. Mais même si elle était défendable d’un point de vue philologique, elle serait théologiquement inutile et inefficace (ce qu'à vrai dire, personne ne nie, quoiqu'on ne l'avoue que de façon très discrète...).

 

En effet, la nouvelle formule est conçue de telle manière qu’elle rende possible l’entrée en scène du Diable. C’est lui qui causerait le mal et le poserait comme embûche devant nos pieds, afin de nous faire chuter, tandis qu’à Dieu ne reviendrait plus que la noble tâche de nous aider à ne pas tomber au piège, ce qui, croit-on, sauverait son image de marque.

 

C’est le pape François en personne qui a relancé cette idée il y quelques mois, mais évidemment, la conception est bien plus ancienne. Déjà au 3ème siècle avant notre ère, l’idée que Dieu lui-même aurait d’abord tenté David en le poussant à commettre une faute, pour ensuite le punir (2 Sam 24,1) était apparemment inacceptable. C’est pourquoi, lors de la refonte des livres de Samuel et des Rois, dans le passage en question, Dieu est substitué par Satan (1 Chr 21,1). Dans le Nouveau Testament, pas même la lettre de Jacques (1,13-15) n’est si naïve, puisqu’elle se contente uniquement de nier toute causalité directe de Dieu quant au mal…

 

Mais bien évidemment, aussi rusée soit-elle, cette solution ne fait que repousser le problème. A moins de tomber dans un dualisme (supposant deux divinités de puissance égale) ou de priver Dieu de sa toute-puissance (comme l’a proposé Hans Jonas  dans Le concept de Dieu après Auschwitz. Une voix juive, 1987), force est d’admettre, que Satan reste soumis à Dieu, qui, lui, doit lui permettre de réaliser ses ravages et qui donc en reste, en dernière analyse, la cause et en garde toute la responsabilité. Le célèbre dialogue entre Dieu et Satan au début du livre de Job montre bien, à quel point ce que la théologie classique a noblement appelé un «décret permissif divin» paraît scandaleux, dès qu’on y songe de manière concrète.

 

La nouvelle formule du Notre Père ne sert finalement qu’à rendre encore plus confus le problème que représente le mal, seul argument valable contre l’existence de Dieu  selon S. Thomas d’Aquin (Somme théologique I, 2,3) et mystère, dont S. Augustin se contentait de dire très à propos: «Je cherchais d’où venait le mal, mais il n’y avait pas d’issue. Toi (Dieu) pourtant, tu ne permettais (!) pas, que n’importe quelle marée de la pensée m’arrache à la foi, par laquelle je croyais à ton existence, à ton être immuable, à ta sollicitude réfléchie envers les humains… « (…quaerebam unde malum et non erat exitus. Sed me non sinebas ullis fluctibus cogitationis auferri ab ea fide, qua credebam et esse te et esse inconmutabilem substantiam tuam et esse de hominibus curam et iudicium tuum…, Confessiones VII 7)

 

 

 

 3) Aspect pastoral

 

 Autant la nouvelle formule est philologiquement fausse et théologiquement inutile, c’est pourtant au niveau pastoral qu’elle me paraît franchement néfaste.

 

En introduisant dans la prière centrale du Christianisme le Diable non comme symbole du mal mais comme figure de conte de fée, censée résoudre comme par miracle le problème du mal, l’on nourrit le préjugé qui depuis 2 siècles voit dans la religion en générale une méthode infantile, simpliste et lâche d’échapper aux apories de la vie, un opium lénifiant, une confortable illusion. Cela est d’autant plus grave, que la tradition chrétienne, centrée depuis toujours sur la croix, instrument de torture, à laquelle Dieu lui-même s’est soumis, est la seule religion qui permettrait d’affronter ouvertement le mystère du mal en l’articulant dans toute sa révoltante brutalité.

 

 

Ainsi, prier le Notre Pére selon la nouvelle formule est somme toute une façon pieuse, mais peu chrétienne de s’éloigner de Dieu en priant!

 

"Katholische Kirche deckte ein halbes Jahrhundert lang einen pädophilen Pater

 

In der Affäre um einen pädophilen Kapuzinerpater in der Westschweiz belastet ein Untersuchungsbericht die Kirche schwer. Diese habe weggeschaut. Das gilt auch für einen ehemaligen Bischof und einen ehemals höchsten Kapuziner der Schweiz."

 

 

 

So beginnt die NZZ ihren heutigen Artikel über jenen erschreckenden Fall von Pädophilie, den das Opfer selbst, Daniel Pittet, vor einem Jahr in einem aufwühlenden Buch beschrieben hat (Pater, ich vergebe Euch! Missbraucht, aber nicht zerbrochen, Herder 2017). Die NZZ formuliert hier äusserst sorgfältig und präzis. Freilich, ich bezweifle sehr, dass man das Ganze auch so verstehen wird, wie es gesagt ist: die katholische Kirche als ganze, d.h. zumal auch die Gläubigen, haben weggeschaut und die Verantwortlichen, Bischöfe und Ordensobere, taten dasselbe. Man wird die Formulierung vermutlich anders verstehen: Die betroffenen Bischöfe und Ordensoberen haben weggeschaut und alle andern wussten von nichts, ansonsten sie doch klar wie ein Mann aufgestanden wären und dem Horror gleich einen Riegel geschoben hätten. Wenigstens wissen wir jetzt endlich, wer die bösen Versager waren: wie immer: die da oben…

 

Das ist beruhigend, aber leider gänzlich unhistorisch gedacht. Die Verantwortlichen schauten weg, weil sie dasselbe taten, wie alle andern. Alle andern in den Kirchen und in der Gesellschaft. Dadurch wird die Schuld zwar nicht vermindert, aber doch anders und gerechter verteilt.

 

 

Dazu zwei persönliche Erinnerungen.

 

 

1. Beispiel: 40er-Jahre

 

Mein Onkel Joseph war Untersuchungsrichter. Anfangs der 40er Jahre kam ihm zu Ohren, dass ein Pfarrer im Mittelwallis Ministranten sexuell belästigt hatte. Er schickte die Polizei ins Dorf, liess den hochwürdigen Herrn verhaften und setzte ihn in Untersuchungshaft. Am selben Abend bekam er einen Telefonanruf des damaligen Bischofs von Sitten. Er liess diesen kaum ausreden, sondern teilte ihm bloss trocken mit, er habe genau das getan, wofür er als Untersuchungsrichter bezahlt werde. Und dann hängte er dem Gnädigen Herrn das Telefon auf.

 

 

Bis hier scheint die Geschichte ganz das gängige Vorurteil zu bestätigen. Nur eben: die Geschichte geht weiter: strafrechtlich versandete der Fall wie durch ein Wunder, mein Onkel wurde nie mehr befördert, sondern blieb bis zu seiner Pensionierung Untersuchungsrichter und besonders: die ganze Familie hielt ihn fortan für einen dubiosen, leicht antiklerikalen und juristisch unbedarften und verbohrten Versager. Das bekam er denn auch bei jeder passenden Gelegenheit immer wieder zu spüren. Und noch Jahre später brach nach jedem Familienfest zwischen meinen Eltern immer derselbe kurze, aber heftige Streit aus: meine Mutter bekräftigte dabei jeweils die Überzeugung ihrer Familie, einen heiligen Priester zu verhaften sei ein Sakrileg und mein Vater konterte stur immer mit demselben Satz: das sei gar kein Priester gewesen, sondern ein Schwein. Ich zog jeweils den Kopf ein, bis sich das Gewitter gelegt hatte, stand aber eher auf der Seite meines Vaters. Nicht weil ich mir unter dem betreffenden Tatbestand etwas hätte vorstellen können, sondern weil mein Onkel Joseph der einzige meiner vielen Onkeln war, der sich immer ausführlich berichten liess, was wir in der Schule machten, weil er bis zu seinem Tod Homer im Urtext las und weil er – wie ich viel später merkte - Adornos Satz,  es gebe kein wahres Leben im Falschen, durch sein Tun widerlegt hatte…

 

 

2. Beispiel: 90er-Jahre

 

Jahre später, es war in den 90er Jahren und ich versuchte an einem Gymnasium Jugendlichen die Religion schmackhaft zu machen, kam man während einer Lektion unvermittelt auf die Beichte zu sprechen. Da erzählte eine Schülerin kichernd, wie der Vikar bei ihrer ersten Beichte sie andauernd am Unterarm gestreichelt hatte und wie sie, unwissend wie sie damals war, doch tatsächlich gemeint hatte, das gehöre zu Ritus und er müsse ihr so von Amtes wegen gewissermassen die Schuld ausmassieren. In der Klasse brach gleich eine grosse Heiterkeit aus und etliche begannen fröhlich, ähnliche Geschichten zum Besten zu geben. Der einzige, der das Ganze gar nicht lustig fand, war der Lehrer und das wiederum erstaunte die Schülerschaft: wieso bloss hatte der plötzlich seinen üblichen Humor verloren?

 

Mir schien die Sache dermassen gravierend, dass ich sofort in allen meinen Klassen Umfragen machte. Es ergab sich bald einmal ein so erschreckendes Bild, dass ich beschloss, mit meinen Unterlagen zum Bischof zu gehen. Weil ich aber doch das Gefühl hatte, damit eine Art Rubicon zu überschreiten, sprach ich zunächst einmal mit etlichen Kolleginnen und Kollegen, deren Urteil mir wichtig war. Und siehe da: ich erntete ein allgemeines Schütteln des Kopfes. Das dürfe man nicht so eng sehen, da sei doch eigentlich gar nichts dabei, das habe es schon immer gegeben – und es folgten sogar ähnliche Geschichten wie die, die ich in den Klassen gehört hatte. Und besonders: man rieb mir auch die Namen etlicher beliebter und engagierter Kollegen  – und Kolleginnen – unter die Nase, die es doch vor der Schulöffentlichkeit seit Jahren mit der theoretisch geforderten Distanz zur Schülerschaft ja auch nicht so genau nahmen. So wurde mir bald einmal klar, dass ich ein engstirniger Trottel sei, der wieder einmal arg überreagiert hatte. Und ich schmiss all meine Unterlagen weg.

 

Womit ich hinwiederum durch mein Tun Adornos Satz bewies.

 

27. März 2018

 

P.S.: Am Pädophilie-Pranger stand bislang vornehmlich die katholische Kirche. Erstaunlich ist das zwar nicht: als alter Globalplayer ist sie einfach zu treffen und als Religionsgemeinschaft, die, zumindest in Europa, zusehends an Gewicht verliert, ist sie ein geknicktes Rohr, das man schadenfreudig und gefahrlos brechen kann. Aber eines dürfte wohl allen klar sein: Pädophilie ist eine Seuche, die alle Bereiche der Gesellschaft gleichermassen trifft und die man nicht heilen kann, indem man nur den römisch-katholischen Sündenbock in die Wüste jagt. Deshalb wäre es jetzt allmählich an der Zeit, dass die systematische Aufarbeitung der diesbezüglichen Vergangenheit auch in den mächtigeren Bereichen der Gesellschaft an die Hand genommen würde - in der Medizin, im (ausserkirchlichen) Erziehungswesen, im Sport und natürlich im wichtigsten Bereich, der zugleich der am schwersten zugängliche ist: in den Kinderzimmern zahlloser scheinbar ach so intakter Familien...